Wenn du Gottes Liebe kennen lernen willst, kommst du am Kreuz nicht vorbei. Gott öffnet nicht einfach den Himmel und ruft dann ein lautes «Ich liebe dich!» in diese Welt hinaus. Er pflanzt auch nicht ein allgemeines, diffuses Gott-liebt-mich-Gefühl in die Herzen aller Menschen. Die Liebe Gottes ist keine abstrakte, philosophische Tatsache, die er den Dichtern und Denkern überlassen hat, damit sie sie gedanklich durchdringen.
Der Weg, auf dem Gott uns seine Liebe zeigt, endet für seinen Sohn mit einem schmachvollen, schmerzhaften Tod am Kreuz. Es sagt viel über die Tiefe unserer Verlorenheit aus, dass Gottes Sohn für uns sterben musste.
Kurz vor seinem Tod betete Jesus im Garten Gethsemane inbrünstig. Blut und Schweiss tropften auf die Erde. Sein Gesicht war von Entsetzen und Grauen gezeichnet. Er rang mit seinem Vater. Jesus wusste, was ihm bevorstand. Er kannte den hohen Preis der Liebe.
«Mein Vater, wenn es möglich ist, so lass diesen Kelch an mir vorübergehen! Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst!» – Mt 26,39
Doch es gab keinen anderen Weg. Keine Abkürzung. Der Weg der Liebe führte am Kreuz vorbei.
Der Weg der Liebe führt am Kreuz vorbei.
Jesus hing praktisch nackt am Kreuz, mitten unter Verbrechern. Es ist einfach, sich über diese Szene lustig zu machen. Am Kreuz zu stehen und Witze zu reissen. Dem Mann am Kreuz zuzurufen: «Komm doch herunter, wenn du es kannst!», oder: «Anderen konnte er helfen, sich selbst kann er nicht helfen!». Es ist einfach, ein Schild mit dem zynisch gemeinten Satz «Dies ist der König der Juden» über dem Kreuz anzubringen und Jesus ins Lächerliche zu ziehen. Liebe macht sich verletzlich. Auch das ist der Preis der Liebe.
In Rom wurde ein uraltes Graffiti entdeckt, das rund 100 Jahre nach dem Tod von Jesus an eine Wand gekritzelt wurde. Es zeigt einen Esel, der am Kreuz hängt. Ein Mann steht vor dem Kreuz. Unter dem Bild steht: «Alexamenos betet seinen Gott an.» Ein Esel-Gott. Das Kreuz war für viele gebildete Römer eine lächerliche Dummheit.
Es ist einfach, sich über das Kreuz lustig zu machen. Aber ist es nicht gerade das Wesen der Liebe, dass man sie auslachen, schmähen und ablehnen kann? Wenn ein Mensch verliebt ist, versucht er seine Liebe zu zeigen: mit einem Liebesbrief, einem Date oder einem Blumenstrauss. Dadurch macht er sich verletzlich. Liebe kann nicht fordern. Sie kann nur um Gegenliebe werben. Diese Liebe kann abgelehnt oder sogar lächerlich gemacht werden. Liebesbriefe können herumgereicht oder ins Internet gestellt werden, Es ist einfach, jemanden zu beschämen, der seine Liebe zeigt.
Liebe kann nicht fordern. Sie kann nur um Gegenliebe werben.
Aber gerade darin liegt die Kraft des Kreuzes. Weil die Liebe sich hier so verletzlich macht, ist sie unglaublich stark. Weil Jesus der Scham nicht ausweicht, weil er den Schmerz und die Verlassenheit am Kreuz erträgt – gerade darum trägt die Liebe hier ihren grössten Sieg davon. Was für ein Gott, der gleichzeitig stark und verletzlich ist.
«Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern das ewige Leben hat.» – Joh 3,16
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PS: Ich soll dir herzliche Grüsse von Gott übermitteln. Er lässt dir ausrichten, dass er dich wahnsinnig liebt. Dass er sich freut, wenn du dich wieder einmal bei ihm meldest :-)
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