Als gut postmoderner Mensch will ich die Tatsache, dass die Läden jetzt schon Adventskalender und Weihnachtsschoggi verkaufen, nicht werten. Obwohl es natürlich katastrophal ist. Im Ernst: Wer kauft im Oktober Christbaumkugeln? Was ist das für eine Gesellschaft, die den Herbst nicht mehr aushält und mit allen materiellen Mitteln krampfhaft Weihnachtsstimmung heraufbeschwören muss? Aber ich rege mich wieder auf. Das ist nicht gut. Lieber sammle ich ein paar solide, biblische Argumente gegen eine ausgedehnte Vorweihnachtszeit.
Ich schlage das Lukasevangelium auf. Klassisches Weihnachtsevangelium. Erstes Kapitel. Einmal durchlesen und alle meine Argumente werden zerstört. Die Geschichte beginnt mindestens 15 Monate vor Weihnachten! Man rechne: Lukas startet mit der Ankündigung der Geburt von Johannes dem Täufer. Elisabeth wurde schwanger, sechs Monate später Maria. Danach dauerte es nochmals neun Monate, bis Jesus auf die Welt kam. Insgesamt dauerte die Vorweihnachtsgeschichte also 15 Monate oder eineinviertel Jahre. Mindestens!
Die Geschichte beginnt mindestens 15 Monate vor Weihnachten!
Ich lade dich ein, mit mir in die Texte der Vorweihnachtsgeschichte einzutauchen. Die Geschichte in Lukas 1 ist schön strukturiert:
Engelsbegegnung von Zacharias (1,5–25)
Engelsbegegnung von Maria (1,26–38)
Treffen (1,39–45)
Lobgesang von Maria (1,46–56)
Lobgesang von Zacharias nach Geburt v. Johannes (1,57–80)
Die Geschichten von Johannes dem Täufer und Jesus sind miteinander verzahnt. In der Mitte treffen sich die beiden zum ersten Mal – allerdings sind beide noch im Bauch ihrer Mamas. Ich beginne mal vorne: Bei der Engelsbegegnung von Zacharias. Mehr folgt dann später, ich hoffe, dass ich bis Weihnachten fertig bin :-)
Begegnung im Tempel
Der Engel Gabriel begegnet dem alten Priester Zacharias, während dieser im Tempel dient:
«Fürchte dich nicht, Zacharias, denn dein Gebet hat Erhörung gefunden, und deine Frau Elisabeth wird dir Mutter eines Sohnes werden, dem du den Namen Johannes geben sollst. Du wirst Freude und Jubel darüber empfinden, und viele werden sich über seine Geburt freuen, denn er wird groß vor dem Herrn sein; Wein und berauschende Getränke wird er nicht genießen, und mit heiligem Geist wird er schon von Geburt an erfüllt werden. Viele von den Söhnen Israels wird er zum Herrn, ihrem Gott, zurückführen; und er ist es, der vor ihm einhergehen wird im Geist und in der Kraft des Elia, um die Herzen der Väter den Kindern wieder zuzuwenden und die Ungehorsamen zur Gesinnung der Gerechten zu führen, um dem Herrn ein wohlbereitetes Volk zu schaffen.» – Lk 1,13–17
Ist es nicht interessant, dass Johannes der Täufer Jesus vorausgeht? Benötigt der Sohn Gottes wirklich jemanden, der den Weg für ihn vorbereitet, der «vor ihm einhergehen wird»? Kann er sich nicht selbst seinen Weg bahnen? Er ist doch Gott. Ist er wirklich auf Menschen angewiesen?
Mit Johannes hört das Alte Testament auf und mit Jesus beginnt das Neue.
Der Wüstenmann
Johannes ist der Letzte seiner Art. Ein Wüstenmann, der sich von Heuschrecken und wildem Honig ernährt. Mit ihm hört das Alte Testament auf und mit Jesus beginnt das Neue. Jesus selbst sagte: «Das Gesetz und die Propheten reichen bis auf Johannes; von da an wird das Reich Gottes durch die Heilsbotschaft verkündigt, und ein jeder drängt sich mit Gewalt hinein.» (Lk 16,16). Mit Johannes findet die alttestamentliche Prophetie zu ihrem Abschluss und Höhepunkt. Jesus nennt ihn den grössten Propheten, der je geboren wurde (vgl. Lk 7,28). Doch mit dem Reich Gottes kommt etwas Neues: «Der Kleinste im Reich Gottes ist grösser als er.»
Man kann auch zu neutestamentlich sein!
Johannes fasst mit seiner Botschaft eine der Hauptlinien des Alten Testaments zusammen: «Der Messias kommt!» Er ist der alttestamentliche Vorbereiter, der das Volk zur Umkehr ruft, damit es bereit ist, den Messias zu empfangen. Er steht in den Fussstapfen des Propheten Elia, der das Volk in der grossen prophetischen Konfrontation auf dem Karmel herausforderte, Gott nachzufolgen.
Er ist der Wegbereiter. Die Stimme in der Wüste. In der Person von Johannes bündelt sich die prophetische Botschaft des Alten Testaments, indem sie auf das Neue hinweist, das kommen wird: der Messias.
Die Vorbereitung
Meine These ist: Wir benötigen das Alte Testament als Vorbereitung auf Jesus so sehr, wie das Volk Johannes den Täufer benötigte, um auf die Botschaft von Jesus vorbereitet zu sein. Man kann auch zu neutestamentlich sein: «Johannes den Täufer? Brauchen wir nicht. Die Prophetien des Alten Testaments? Veraltet. Jesus allein reicht doch.» Wer so denkt, verpasst, was in Lk 1 passiert: Der Letzte des Alten und der Erste des Neuen begegnen sich. Ihre Geschichten sind auf übernatürliche Weise miteinander verzahnt. Vor den Augen des staunenden Lesers öffnet sich der ganze Horizont der Heilsgeschichte. Das Lukasevangelium beginnt nicht mit dem zweiten Kapitel, heinomol!
Das Lukasevangelium ist unseren Läden um Monate voraus.
Mein Tipp für die Monate vor Weihnachten: Lies Lukas 1. Und dann hole die uralten alttestamentlichen Prophetien hervor, die den königlichen Retter ankündigen. Bahne ihm in deinem Herzen einen Weg. Räume Steine und Schutt weg, damit du bereit bist, wenn er kommt.
Man kann sich über den Vorweihnachtstrubel aufregen und aus Protest erst am 24. Dezember kurz vor Ladenschluss Geschenke kaufen. Oder man kann sich jetzt schon auf das Kommen des Messias vorbereiten. Das Lukasevangelium ist unseren Läden um Monate voraus. Es hat still und heimlich bereits mit den Weihnachtsvorbereitungen fürs nächste Jahr begonnen. Das ist erstaunlich. In diesem Sinn: Frohe Weihnachten 2020!
Ps: Lesetipps
Psalm 2
Jesaja 9
Jesaja 11
Jesaja 53
2. Samuel 7
Sacharja 9,9
u.v.m.
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